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Zentrum der Nachhaltigkeit – Für eine bessere Welt

Pflegenotstand – Plädoyer als Betroffene

Pflege als essentieller Bestandteil sozialer Nachhaltigkeit

Es kann jeden treffen

Der Umgang mit den Schwachen der Gesellschaft ist ein Indikator für die Menschlichkeit dieser Gesellschaft. Und letztlich kann es uns alle treffen. Der Geschäftsmann, der heute noch mit beiden Beinen fest im Leben steht, kann morgen schon aufgrund eines Schlaganfalls oder Herzinfarkts der Pflege im Krankenhaus bedürfen. Wenn er Glück hat, kann er nach einiger Zeit wieder nach Hause und normal weiterleben. Wenn er Pech hat, bleibt er pflegebedürftig für den Rest seines Lebens.

Uns hat es getroffen

Die meisten machen sich darüber kaum Gedanken, solange es sie nicht selbst in irgendeiner Form betrifft. Zugegebenermaßen ging es mir ähnlich, bis mein Kind mit einem komplizierten Herzfehler geboren wurde. Nun waren wir als Familie betroffen und selbst auf das Pflegesystem angewiesen.

Und ich bin dankbar dafür, dass es dieses Pflegesystem gibt, dass Menschen nicht einfach im Stich gelassen werden, weil sie einen schweren Start ins Leben haben oder weil sie nach einem langen Arbeitsleben oder durch einen Unfall nun auf Hilfe angewiesen sind.

Aber ich erlebe durch unseren Hintergrund auch die Unzulänglichkeiten des Systems hautnah mit. Ich merke, wie es überall knirscht und knarzt, als ob jeden Moment alles in sich zusammenfällt.

Wir sind es den Schwachen unser Gesellschaft schuldig, für eine angemessene, würdevolle Pflege zu sorgen.

In Not – Pflegebedürftige wie Pflegende

Ja, ich sehe natürlich die ganze Angelegenheit aus der Sicht einer Angehörigen, aber ich spüre und sehe auch die Not der Pflegenden. Sie wollen oft mehr, als sie können oder dürfen. Aus Kostengründen, wegen Vorschriften…

Nein, es liegt nicht an den Pflegenden, dass das System krankt. Auch wenn hier und da mal schwarze Schafe durch die Medien geistern, so gehen doch die meisten Pflegenden an ihre Grenzen und teilweise darüber hinaus, um den ihnen anvertrauten Menschen in Würde zu pflegen.

Die wenig familienfreundlichen Arbeitszeiten, Überstunden ohne Ende, der mangelnde Respekt vor dem Berufsstand, der teure Ausbildungsweg im Verhältnis zu den späteren Verdienstaussichten, die Arbeitslast durch den Pflegekräftemangel – all das bringt Pflegende an die Grenzen eines Burnouts. Wenn dann jemand die Reißleine zieht und im Interesse der eigenen Gesundheit das Pflegesystem verlässt, steigert das noch die Arbeitslast der anderen. Ein Teufelskreis!

Nicht nur alte Menschen brauchen Pflege

Am Ende des Lebens und mittendrin…

Meistens haben wir alte Menschen im Pflegeheim vor Augen, wenn wir an Pflege denken. Aber es trifft eben auch jüngere. Jeder von uns kann durch einen Unfall oder durch eine schwere Krankheit zum Pflegefall werden. Und auch die Pflegekräfte im Krankenhaus, die für uns da sind, wenn wir wegen einer kurzzeitigen Krankheit oder eines Knochenbruchs ins Krankenhaus müssen, dürfen nicht vergessen werden.

Und auch ganz am Anfang

Besondere Aufmerksamkeit verdienen meiner Ansicht nach auch die Kinderkrankenschwestern und -pfleger in Kliniken und Kinderpflegediensten, die für die Kleinsten da sind. Denn wenn so ein kleines Bündel Mensch, das eigentlich noch sein ganzes Leben vor sich hat, schon so früh mit dem Leben ringt oder wegen einer angeborenen Erkrankung einfach einen verdammt schweren Start ins Leben hat, dann ist das eine ganz besondere Belastung sowohl für die Kinder selbst als auch für die Angehörigen und natürlich die Pflegekräfte.

Was brauchen wir in der Pflege?

Was brauchen die Pflegenden?

Pflegende leiden oft sowohl unter der körperlichen als auch der seelischen Belastung dieser Arbeit aufgrund der hohen Arbeitslast, der kaum mit dem eigenen Familienleben zu vereinbarenden Arbeitszeiten und des wirtschaftlichen und zeitlichen Drucks. Eine Entlastung könnte durch mehr fachkundiges Personal, mehr Hilfsangebote zur (nicht nur religiösen) Seelsorge, familienfreundlichere Schichtsysteme/Arbeitszeiten, kostenfreie Aus- und Weiterbildung, größere Wertschätzung für seelische Streicheleinheiten usw. erfolgen.

Was brauchen die Pflegebedürftigen?

Menschen brauchen das Gefühl, gebraucht und gewollt zu sein. Gerade bei alten Menschen ist dies oft nicht mehr der Fall. Nach einem arbeitsreichen Leben, in dem es für sie ganz normal war, gebraucht zu werden, fühlen sie sich im Alter oft als Belastung für ihre Angehörigen und andere Menschen in ihrem Umfeld. Das geht oft einher damit, dass diese Menschen immer inaktiver werden, weil der Anreiz für Aktivitäten fehlt.

Ich denke, wir sollten da auch neue Ansätze finden, damit die Freude am Leben und ein aktiver Alltag neben der notwendigen Hilfe im Alltag und der medizinischen Versorgung nicht zu kurz kommen. Es gibt auch schon Projekte in diese Richtung. Ich denke da an den Pflegebauernhof.

Auch jüngere Menschen, die durch Unfall oder Krankheit auf Pflege angewiesen sind, haben oft mit seelischen Problemen und vor allem auch dem Gefühl, ihrem Umfeld nun eine Last zu sein, zu kämpfen. Die auf Effizienz getrimmte Pflege, deren Zwängen sich kaum eine professionelle Pflegekraft wirklich völlig entziehen kann, verstärkt diese Gefühle natürlich noch.

Bei Kindern liegt das Augenmerk noch einmal auf anderen Aspekten. Sie brauchen besondere Aufmerksamkeit und Zuwendung, damit ihre Entwicklung nicht allzu sehr unter den körperlichen oder seelischen Einschränkungen leidet, mit denen sie zu kämpfen haben. Das langfristige Ziel jeder medizinischen und pflegerischen Maßnahme sollte hierbei ein lebenswertes und möglichst eigenständiges Leben der Kinder sein.

Was brauchen die Angehörigen?

Zum Glück werden viele Pflegebedürftige noch zu einem großen Teil von ihren Angehörigen gepflegt. Doch auch sie haben nur menschliche Kräfte. Einen Angehörigen zu pflegen, ist alles andere als ein Kinderspiel. Die körperlichen und seelischen Belastungen bringen auch Angehörige schnell an ihre Grenzen, wenn sie keine Hilfe bekommen.

Als pflegender Angehöriger ist man meist 24/7 für die pflegebedürftige Person da. Insbesondere bei kranken Kindern, die ja eigentlich unbeschwert ihre Kindheit genießen sollten, kommen pflegende Eltern oft besonders auf emotionaler Ebene an ihre Grenzen. Häufig scheitern sogar Ehen bzw. Beziehungen an einer solchen Belastung.

Und auch finanziell ist die Pflege von Angehörigen oft nur schwer zu stemmen, denn das Pflegegeld deckt im Allgemeinen nicht sowohl den Mehraufwand als auch den Einkommensverlust durch Reduzierung der Arbeitszeit oder gar Aufgabe des Berufs ab.

Beispiel:
Mein Kind bekam in seinem ersten Lebensjahr Pflegestufe 3. Das waren 750 Euro im Monat. Mein Einkommen vorher war aber mehr als das Vierfache. Im ersten Jahr wurde das zum Glück noch durch das Elterngeld etwas aufgefangen. In Kürze wird mein Kind 5 Jahre alt und hat Pflegegrad 2. Das sind 316 Euro, und ich kann noch nicht wieder in meinem früheren Beruf arbeiten. Anschluss verloren, sozusagen. Ich versuche jetzt, mir mit Schreiben (Blogs und Bücher) wieder eine Existenz aufzubauen. Wäre mein Mann nicht erfolgreich selbständig, wüssten wir nicht, wie wir das stemmen sollten. Diesen Erfolg bezahlt er aber auch damit, nahezu keine Zeit für die Familie zu haben.

Über den Autor des Beitrages: Anja

Viele Ereignisse in meiner Vergangenheit haben nach und nach dazu geführt, dass ich mich immer mehr für Nachhaltigkeit interessiert habe. Dieses Interesse spiegelt sich in diesem Blog wieder. Hier schreibe ich über das, was mich beschäftigt. Und nein, ich bin weder perfekt noch die absolute Expertin. Ich mache mir einfach nur Gedanken über unsere Zukunft und möchte diese Gedanken mit euch teilen. Denn unsere Zukunft geht uns alle an.

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